Flüchtlingslager Moria: überfüllt, gefährlich und völlig unzureichende medizinische Versorgung
© Kevin McElvaney/MSF
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Die medizinische Hilfsorganisation MSF warnt anlässlich des Besuchs des griechischen Premierministers Alexis Tsipras auf Lesbos einmal mehr vor den katastrophalen Zuständen im Flüchtlingslager Moria.
Infolge der Politik Griechenlands, Migranten und Migrantinnen und Flüchtlinge auf den griechischen Inseln um jeden Preis festzuhalten, leben tausende Männer, Frauen und Kinder auf Lesbos unter erbärmlichen Bedingungen auf engstem Raum zusammen und haben nur unzureichenden Zugang zu medizinischer Versorgung. Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) fordert daher die griechischen Behörden auf, die Menschen von Lesbos sofort ans Festland zu bringen und ausserdem die Gesundheitsversorgung auf der Insel zu verbessern.
In dem von der Regierung betriebenen Flüchtlingslager Moria, das ursprünglich für maximal 2‘500 Personen errichtet wurde, leben derzeit über 7‘000 Menschen. Die Lebensbedingungen und die unzureichende medizinische Versorgung stellen ein grosses Risiko für Gesundheit und Leben der Menschen dar, die auf der Insel festsitzen. Jede Woche kommen etwa 500 neue Menschen auf Lesbos an. Diese Überbevölkerung und der zunehmende Bedarf an Gesundheitsversorgung und anderer Infrastruktur bringt das Lager an seine Grenzen.
Es ist ein untragbarer Teufelskreis.
«Das Lager ist unsicher und die Lebensbedingungen sind gesundheitsschädlich, vor allem für Kinder. Jeden Tag behandeln wir viele Krankheiten, die mit den hygienischen Bedingungen zusammenhängen, zum Beispiel Erbrechen und Durchfall, Hautinfektionen und andere Infektionskrankheiten. Nach der Behandlung müssen wir diese Menschen wieder in dieselbe riskante Umgebung zurückschicken. Es ist ein untragbarer Teufelskreis.», erklärt Declan Barry, medizinischer Koordinator von MSF. «Die Mischung aus unhygienischen und gefährlichen Lebensbedingungen, die Kinderkrankheiten begünstigen, behindert den Genesungsprozess kranker Kinder.»
MSF leistet seit Ende 2017 medizinische Versorgung für Kinder und gynäkologische Betreuung für Frauen in Moria. Der Bedarf an Pädiatrie hat sich in den letzten beiden Monaten verdoppelt und der Bedarf an gynäkologischer Behandlung im letzten Monat ebenfalls. In den letzten Wochen haben die Teams von MSF 60 Kinder pro Tag behandelt, mussten aber etwa 15 Kinder täglich wegschicken. Der steigende Bedarf an medizinischer Behandlung von Kindern im Lager konnte nicht gedeckt werden. Dies ist eine äusserst alarmierende Situation, da in der Nacht und an den Wochenenden im Lager nur sehr begrenzt medizinische Versorgung vorhanden ist und Kinder, die eine medizinische Behandlung benötigen, sehr verletzlich sind.
Ausserdem steht auch nur begrenzt Gesundheitsversorgung für Erwachsene im Lager zur Verfügung, da nur wenige andere medizinische Anbieter während der Woche und nur eine Organisation ehrenamtlich nachts und am Wochenende medizinische Behandlungen durchführen. Das einzige öffentliche Spital auf Lesbos ist bereits überfüllt und personalmässig unterbesetzt, die Patienten müssen darum kämpfen, fachärztliche Leistungen zu erhalten.
«Monatelang haben wir vor einer dramatischen Verschlechterung der physischen und psychischen Gesundheit der Menschen auf Lesbos gewarnt. Die Behörden haben auf diesen eindeutigen Bedarf nicht reagiert. Das Leid der Menschen geht weiterund wird noch schlimmer: Jeden Tag sehen wir in unserer Klinik Patienten, die akut gefährdet sind – auch viele Patienten und Patientinnen, die Selbstmordversuche unternehmen und sich selbst verletzen», erklärt Katerina Katopodi, Krankenschwester von MSF auf Lesbos. «Wir rufen die griechische Regierung dringend dazu auf, diese unmenschliche und unhaltbare Politik der Abschottung auf den Inseln zu beenden und die medizinische Versorgung für diese Familien, die am Ende ihrer Kräfte sind, aufzustocken.»
MSF leistet seit 1996 medizinische und humanitäre Hilfe für Migranten und Migrantinnen, Flüchtlinge und Asylwerber und Asylbewerberinnen in Griechenland. Die Hilfsaktivitäten wurden 2015 aufgestockt, als täglich Tausende Menschen auf den griechischen Inseln ankamen.
Auf Lesbos ist MSF seit 2008 tätig und leistet in den verschiedenen Lagern auf der Insel medizinische Hilfe für Flüchtlinge, wobei der Schwerpunkt auf Kinderheilkunde und psychologischer Betreuung liegt.
© Kevin McElvaney/MSF