Demokratische Republik Kongo: Alarmierend hohe Gewalt gegen Frauen in Nord-Kivu

Psychosozialer Berater bietet Überlebenden von sexualisierter Gewalt psychologische Unterstützung an. Demokratische Republik Kongo, Februar 2023..

Demokratische Republik Kongo2 Min.

Innerhalb von nur zwei Wochen haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) in den Vertriebenencamp rund um Goma mehr als 670 Opfer sexualisierter Gewalt behandelt: Pro Tag derzeit rund 48 neue Patient:innen.

Die Zusammenstösse zwischen der kongolesischen Armee, der M23-Bewegung und den zahlreichen bewaffneten Gruppen, die in Nord-Kivu ansässig sind, haben seit März 2022 mehr als eine Million Menschen zur Flucht gezwungen. Über 600 000 Menschen fanden in oft überfüllten Camps mit schlechten hygienischen Bedingungen am Rande der Stadt Goma Zuflucht.

Vom 17. bis 30. April 2023 behandelten unsere Teams 674 Überlebende sexualisierter Gewalt in Bulengo, Lushagala, Kanyaruchinya, Eloime, Munigi und Rusayo. 360 davon allein in Rusayo, einem der neuesten und am dichtesten besiedelten Camps westlich von Goma.

Das sind durchschnittlich 48 neue Opfer von sexualisierter Gewalt pro Tag, die von unseren Teams behandelt werden.

Jason Rizzo, Notfallkoordinator in Nord-Kivu

«Seit Monaten behandeln unsere Teams eine hohe Patient:innenanzahl, doch dieses katastrophale Ausmass der letzten Wochen wurde noch nie erreicht. Fast 60 Prozent der Opfer melden sich innerhalb von 72 Stunden nach dem Überfall bei uns», berichtet Jason Rizzo.

Beinahe alle von unseren Teams behandelten Opfer sind Frauen. Die meisten von ihnen berichten, dass sie angegriffen wurden, während sie ausserhalb der Camps auf der Suche nach Feuerholz und Nahrungsmitteln waren. In Rusayo, Bulengo und Kanyaruchinya berichteten mehr als die Hälfte der Opfer, von bewaffneten Männern angegriffen worden zu sein.

Die Lebensbedingungen in den Vertriebenencamps um Goma sind katastrophal. Den dort lebenden Menschen fehlt es an allem: Nahrung, Toiletten, Wasser und Unterkünften. Die nach wie vor unzureichende humanitäre Hilfe erhöht die Verwundbarkeit der Vertriebenen und das Risiko, Opfer von Gewalt zu werden.

Es ist dringend notwendig, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Die Grundbedürfnisse wie der Zugang zu Nahrung, Wasser und sanitären Einrichtungen, müssen gedeckt werden. Ausserdem müssen insbesondere Frauen vor Gewalt geschützt werden.

Jason Rizzo, Notfallkoordinator in Nord-Kivu
Luftaufnahme des Bulengo-Vertriebenencamp. Demokratische Republik Kongo, Februar 2023.

Luftaufnahme des Bulengo-Vertriebenencamp am Rande der Stadt Goma in Nord-Kivu. Demokratische Republik Kongo, Februar 2023.

© Michel Lunanga/MSF

Unsere Teams bieten Opfern sexualisierter Gewalt in den Vertriebenencamps rund um Goma vertrauliche medizinische und psychologische Betreuung an. Um medizinische Komplikationen aufgrund von sexuellen Übergriffen zu vermeiden, ist es unerlässlich, dass sich die Opfer innerhalb von 72 Stunden nach dem Vorfall in einer Gesundheitseinrichtung melden.

Seit Mai 2022 arbeiten die Teams von Ärzte ohne Grenzen in den Vertriebenencamps rund um Goma. Sie bieten kostenlose medizinische Versorgung an, stellen sauberes Wasser zur Verfügung und bauen Latrinen und Duschen. Wir reagierten auch auf Cholera- und Masernepidemien und führten Impfkampagnen durch. Weitere Teams sind in Sake und Kayna in der Provinz Nord-Kivu sowie in Minova in Süd-Kivu im Einsatz. Denn auch dort haben Zehntausende Vertriebene Zuflucht gefunden und benötigen medizinische Versorgung. In Nord-Kivu bietet unsere Organisation weiterhin medizinische Grundversorgung in Rutshuru, Kibirizi, Bambo, Binza, Mweso, Masisi und Walikale an.