MSF-Bericht zu Jemen: Tödliche Konsequenzen des Kriegs für Mütter und Kinder
© Matteo Bastianelli
Jemen2 Min.
Der Krieg im Jemen hat dramatische Auswirkungen auf Schwangere und Babys. Das geht aus einem Bericht zur Mutter-Kind-Gesundheit in Jemen hervor, den Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) heute veröffentlicht hat. Aufzeichnungen aus einem von der internationalen Hilfsorganisation betriebenen Spital in Tais und einer von MSF unterstützten Klinik in Abs zeigen, wie tödlich die Konsequenzen des Konflikts für Mütter und Kinder sind.
Der Bericht «Complicated delivery» (Komplizierte Geburten: Mütter und Kinder sterben in Jemen ohne Zugang zu medizinischer Hilfe) zeigt die hohe Sterblichkeit von Müttern und Kindern in zwei Spitälern in Jemen auf: Die Spitäler in Abs und Tais verzeichneten zwischen 2016 und 2018 den Tod von 36 Müttern und 1529 Kindern, darunter 1018 Neugeborene. Fast ein Drittel der Todesfälle in der Klinik in Tais-Al-Huban waren Neugeborene, die bereits bei der Ankunft tot waren. Die Todesursachen bei den Neugeborenen waren vor allem Frühgeburt, Sauerstoffmangel bei der Geburt und schwere Infektionen.
Die Spitäler in Abs und Tais verzeichneten zwischen 2016 und 2018 den Tod von 36 Müttern und 1529 Kindern, darunter 1018 Neugeborene.
Zusammenbruch des öffentlichen Gesundheitssystems
Die Kriegsparteien im Jemen und ihre internationalen Unterstützer haben den Zusammenbruch des öffentlichen Gesundheitssystems herbeigeführt. Dieses kann mittlerweile die Bedürfnisse der 28 Millionen Menschen im Land nicht mehr decken. Um eine funktionierende Gesundheitseinrichtung zu erreichen, in der sie sich die Behandlung auch leisten können, müssen viele Jemeniten Frontlinien überqueren oder mehrere Checkpoints passieren. Vor dem Konflikt konnten die Bewohner von Al-Huban in zehn Minuten ein öffentliches Spital im Stadtzentrum von Tais erreichen. Heute kann der Weg sechs Stunden dauern – für Schwangere oder Neugeborene in kritischem Zustand kann ein solcher Weg tödlich sein.
Sicherheitslage hindert Menschen, ein Spital aufzusuchen
«Luftangriffe und Kämpfe hindern Menschen, die behandelt werden müssen, daran, aus dem Haus zu gehen, aus Angst vor Angriffen. Einmal wurde ein Auto aus der Luft getroffen und alle Insassen wurden getötet», berichtet eine Hebamme im Spital von Abs. Die schwierige Sicherheitslage trifft nicht nur Menschen, die medizinische Versorgung benötigen, sondern auch das medizinische Personal. «Unser Spitalpersonal zieht es vor, eine 14-stündige Nachtschicht statt einer 8-stündigen Tagesschicht zu arbeiten, um Fahrten nachts zu vermeiden», sagt Jana Brandt, MSF-Projektkoordinatorin, die kürzlich die Klinik in Tais-Al-Huban einen Monat lang geleitet hat. Auch die Sorge vor Angriffen auf das Spital ist gross. Das Spital in Abs wurde bereits einmal getroffen.
Luftangriffe und Kämpfe hindern Menschen, die behandelt werden müssen, daran, aus dem Haus zu gehen, aus Angst vor Angriffen.
Kriegsparteien müssen Schutz von Zivilisten und medizinischem Personal gewährleisten
Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières fordert alle Kriegsparteien auf, den Schutz von Zivilisten und medizinischem Personal zu gewährleisten und Verwundeten und Kranken den Zugang zu medizinischer Hilfe zu ermöglichen. Einschränkungen für humanitäre Organisationen müssen gelockert werden, damit diese schnell auf die massiven Bedürfnisse reagieren können. Internationale Hilfsorganisationen müssen ihre humanitäre Hilfe verstärken und mehr erfahrene Mitarbeitende in Gebiete mit dem grössten Bedarf schicken.
Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières arbeitet im Jemen mit mehr als 2200 Mitarbeitenden in 12 Spitälern und Gesundheitszentren und unterstützt mehr als 20 Gesundheitseinrichtungen in 11 Provinzen: Abjan, Aden, Amran, Hadscha, Hodeida, Ibb, Lahdsch, Saada, Sanaa, Schabwa und Tais.
© Matteo Bastianelli