Burkina Faso: Millionen Menschen auf der Flucht, viele Spitäler geschlossen
© Marie-Laure Désirée DAGAULT/MSF
Burkina Faso3 Min.
Um die Sicherheit in Burkina Faso steht es seit 2015 besonders schlecht. Rund 1.9 Millionen Menschen ergriffen seither die Flucht und erfahren unsägliches Leid. In etwa 500 Gesundheitseinrichtungen musste der Betrieb stark heruntergefahren oder ganz eingestellt werden. Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) ist mit mobilen Kliniken im Einsatz. Doch die humanitäre Lage spitzt sich immer weiter zu. International findet dies traurigerweise kaum Beachtung. Und es gilt, wie so oft: Für Notlagen, die nicht in den Medien thematisiert werden, bleiben Hilfsgelder weitgehend aus.
«Meine schwangere Frau musste ich auf dem Motorrad ins Spital nach Kongoussi fahren», sagt Zongo Ousseini. «Denn in Silgadji, wo wir damals lebten, waren alle Gesundheitszentren geschlossen. Nach Ausbruch des Konflikts verliessen auch die meisten Pflegekräfte das Land. Zwar hatten wenige Spitäler noch geöffnet – aber der Weg dorthin war für uns viel zu weit.» Zongo und seine Frau wurden aus ihrem Haus in Silgadji, im Norden von Burkina Faso, vertrieben. Heute leben sie im 80 Kilometer entfernten Kongoussi.
Wie Ousseini und seiner Frau geht es unzähligen Menschen in Burkina Faso. Die Gewalt treibt Tausende in die Flucht und lässt den humanitären Bedarf drastisch in die Höhe schnellen. Unter der vertriebenen Bevölkerung und in den Aufnahmegemeinden fehlt es an allem. Insbesondere an grundlegenden medizinischen Leistungen.
Die Angst ist allgegenwärtig. Viele Strassen sind unsicher, und Flüchtende laufen Gefahr, unterwegs angegriffen zu werden. Die internationale medizinische Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) ist in mehreren Regionen des Landes mit mobilen Kliniken im Einsatz. An den Gesundheitsstationen werden Kranke und Verletzte kostenlos versorgt.
Wir bringen die Hilfe möglichst nahe zu den Menschen. So können wir auch jene behandeln, die am Stadtrand oder in ländlichen Gebieten leben.
Doch auch für die medizinischen Teams ist es nicht ungefährlich, von A nach B zu gelangen. In Djibo musste Ärzte ohne Grenzen die Arbeit der mobilen Teams über mehrere Monate hinweg einstellen. Die Strasse, die die entlegene Stadt in der Sahelwüste mit Ouagadougou verbindet, wird von bewaffneten Gruppen kontrolliert. Dazu kommen regelmässige Überfälle und Sprengsätze, die am Strassenrand platziert werden. Doch auch auf dem Luftweg kommen humanitäre Helfer:innen aufgrund der herrschenden Unsicherheit oft nicht weit. Humanitäre Hilfsflüge, die Städte im ganzen Land verbinden, werden oft wochenlang ausgesetzt.
Die Gewalt schränkt den Zugang zu sozialen Dienstleistungen enorm ein. Viele Menschen fliehen mit leeren Händen. Wenn sie unterwegs krank werden, wissen sie oft nicht, wo sie das Geld für eine Behandlung hernehmen sollen.
Belco Husseini stammt aus Baraboulé. Er hofft, in Djibo mehr Sicherheit zu finden. «Ich lebe als Vertriebener in Djibo. Hier sind die Kosten für Medikamente sehr hoch. Es ist für mich nicht leicht, sie zu bezahlen.» Weil ihm die Mittel für eine reguläre Behandlung fehlen, versucht Belco es mit traditionellen Heilmethoden. Medikamente kauft er auf dem Markt. «Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich irgendwie selbst zu therapieren», so Belco.
Dr. Madika unterstreicht, dass die verfügbaren Methoden keine guten Alternativen sind. Deshalb sei eine kostenlose medizinische Versorgung so wichtig. «Der Bedarf an medizinischer Unterstützung ist enorm. Nicht nur Schwangere und Kinder unter fünf Jahren brauchen Hilfe, sondern alle vom Konflikt betroffenen Menschen. Es müssen unbedingt mehr Organisationen in der Region aktiv werden», sagt er.
Aber wie soll die Gesundheitsversorgung für alle, die sie benötigen, gewährleistet werden? Burkina Faso hat bisher lediglich 15 Prozent der im humanitären Aktionsplan für 2022 vorgesehenen Mittel erhalten.
Ärzte ohne Grenzen reagierte erstmals 1995 in Burkina Faso mit humanitärer Soforthilfe auf eine grosse Geflüchtetenwelle aus der Sahelzone. Seit 2018 sind die Teams ununterbrochen im Land im Einsatz. Dort leisten sie medizinische Hilfe, verteilen Hilfsgüter, stellen sauberes Trinkwasser bereit und schulen Gesundheitspersonal. Zurzeit arbeiten sie in den Regionen Boucle du Mouhoun, East, Centre-North und Sahel.
Aktivitäten 2022 auf einen Blick:
- 365 694 medizinische Konsultationen
- 30 439 pränatale Beratungen
- 5395 Überweisungen
- 311 chirurgische Eingriffe
© Marie-Laure Désirée DAGAULT/MSF