DR Kongo: Das Wasser fehlt, die Hoffnung schwindet
© Alexis Huguet
Demokratische Republik Kongo3 Min.
«Die ganze Familie war bei der Arbeit, als die Schiesserei begann. Wir rannten weg und liefen drei Stunden lang im Regen in die anliegende Gemeinde Rumangabo», erzählt Ponsie Benda, 54. Er fand im Juni in der dortigen Grundschule gemeinsam mit seinen Kindern Zuflucht, als die Auseinandersetzungen zwischen der bewaffneten Gruppe M23 und der kongolesischen Armee seinem Zuhause immer näherkamen. Seite Ende März 2022 kam es immer wieder zu Zusammenstössen zwischen den beiden Gruppen.
Wie Ponsie mussten 190 000 weitere Menschen alles zurücklassen: «Wir schafften es nicht mehr zurück ins Haus. Wir rannten nur mit dem los, was wir in dem Moment bei uns hatten.» Viele suchen entlang der Nationalstrasse zwischen der Stadt Rutshuru und Goma, der Hauptstadt von Nord-Kivu, in oft schon überfüllten Unterkünften Zuflucht.
Unsere Teams arbeiten mit den regionalen kongolesischen Gesundheitszentren zum Thema Wasserversorgung zusammen. An mehreren Orten in der Region Munigi wurden daher Toiletten und Duschen aufgebaut und sauberes Wasser bereitgestellt. «Das Fehlen von Duschen und Toiletten ist ein grosser Risikofaktor für die Verbreitung von Cholera», berichtet unsere Notfallkoordinatorin in Rutshuru, Bénédicte Lecoq.
Prekäre Lage in den Unterkünften
Als Ponsie und seine Familie in Rumangabo ankamen, waren die Klassenzimmer der Schule bereits voll: «Wir schlafen draussen. Ich habe diesen Unterstand aus Holzstöcken gebaut. Ich werde Bananen- und Eukalyptusblätter besorgen, um das Dach abzudecken. So sind zumindest die Kinder ein wenig geschützt.»
Im Stadion im Zentrum von Rutshuru haben sich mehr als 1400 Familien versammelt. Die Bedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften sind äusserst prekär: Etwa 35 Familien teilen sich ein 90m2 grosses Zelt. «Wenn es regnet, überschwemmt das Wasser den Boden und wir verbringen die Nacht im Wasser», sagt Agrippine N'Maganya, 53, die mit ihren Kindern vor über vier Monaten in Rutshuru angekommen ist.
Immer mehr mangelernährte Kinder
Neben Wasser und Medikamenten werden auch Lebensmittel dringend benötigt. «Wir haben nichts zu essen. Manchmal geben mir Bekannte aus meinem Dorf etwas Essen, das sie in der Nachbarschaft gesammelt haben», erklärt Obed Mashabi, 20, der Ende März im Stadion von Rugabo Zuflucht gefunden hat. «Wir essen von Montag bis Sonntag gekochte Blätter», fügt Ponsie hinzu. «Meine Frau holt sie von den Feldern anderer Leute und fragt vorher die Besitzer:innen.» Im Spital von Rutshuru ist die von uns unterstützte Abteilung für schwer mangelernährte Kinder seit mehreren Wochen mit einer Bettenauslastung von 140 % voll belegt.
Es ist wichtig, dass wir die Verteilung von Nahrungsmitteln erhöhen, sonst könnte sich die Situation noch verschlimmern.
Auch die langfristigen Folgen für die betroffenen Gemeinden geben Anlass zur Sorge. Die meisten sind von der Landwirtschaft abhängig, so dass der fehlende Zugang zu ihren Feldern für Wochen oder sogar Monate die Ernährungsunsicherheit für Tausende von Menschen in der Region verschärfen könnte. «Wir haben Lebensmittel zuhause und auf den Feldern, aber wir können nicht zurückgehen. Der Krieg geht dort weiter. Alles muss verrotten», so Obed.
Die Hoffnungslosigkeit nimmt Überhand
In den Gesundheitseinrichtungen, mit denen unsere Teams in den Gebieten Rutshuru und Nyiragongo zusammenarbeiten, werden im Durchschnitt mehr als 100 Patient:innen pro Tag behandelt. Die drei am häufigsten beobachteten Krankheiten sind Malaria, Atemwegsinfektionen und Durchfallerkrankungen.
«Angesichts des Ausmasses des Bedarfs können unsere Teams nicht überall sein», erklärt Bénédicte. «Die Gesundheitsstrukturen sind überstrapaziert und es herrscht ein grosser Mangel an Medikamenten. Angesichts dieser Notlage müssen mehr Akteure mobilisiert werden, um sicherzustellen, dass alle Menschen kostenlos versorgt werden können.
Je mehr Wochen vergehen, desto mehr schwindet für Agrippine die Hoffnung auf eine Heimkehr. «Ich habe keine Hoffnung, bald nach Hause zu kommen. Es gibt keine Besserung», sagt sie müde. Ponsie teilt ihre Entmutigung: «Warum herrscht in Nord-Kivu immer noch Krieg? Es ist nicht das erste Mal, dass wir fliehen mussten. Ich weiss nicht, wie meine Kinder im Krieg aufwachsen können.»
© Alexis Huguet