DR Kongo: Krise in Nord-Kivu erfordert rasche Aufstockung der humanitären Hilfe
© Michel Lunanga/MSF
Demokratische Republik Kongo2 Min.
Etwa 600 000 Vertriebene leben derzeit unter prekären Bedingungen in Camps in der Region Nord-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo. Sie haben keinen ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln und sind Gewalt ausgesetzt. Die medizinischen Teams von Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) registrieren alarmierende Mangelernährungszahlen und Sterblichkeitsraten. Die Vereinten Nationen müssen dringend ihre Anstrengungen verstärken, um den Bedürfnissen der Vertriebenen zu entsprechen.
«Das Ausmass und die Dauer der Vertreibung sind selbst für den Osten der Demokratischen Republik Kongo von historischem Ausmass», sagt Guyguy Manangama, unser Nothilfekoordinator.
Hunderttausende Menschen werden von der Hilfsgemeinschaft weiterhin vernachlässigt.
Unsere Teams stellt seit mehreren Monaten fest, dass die Hilfe für die Menschen, die nach den Kämpfen im Zusammenhang mit dem Wiedererstarken der bewaffneten Gruppe M23 fliehen mussten, nur langsam anläuft und unzureichend ist. Trotz einer gewissen Aufstockung der humanitären Hilfe fehlt es insbesondere an Nahrungsmitteln und Unterkünften.
Am 16. Juni 2023 kündigten die Vereinten Nationen an, dass sie die Schwere der Krise auf die höchste Stufe anheben werden. Das ist ein positives Zeichen, aber nun muss die Aufstockung der Hilfsmassnahmen dringend in den Camps spürbar werden.
Alarmierend hohe Sterblichkeitsrate unter Kindern
Eine von Ärzte ohne Grenzen im April in den Camps Rusayo, Shabindu und Don Bosco durchgeführte Untersuchung der Sterblichkeitsrate für den Zeitraum von Januar bis April ergab eine alarmierend hohe Sterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren. In Rusayo, wo schätzungsweise zwischen 85 000 und 100 000 Menschen leben, starben in diesem Zeitraum durchschnittlich mehr als drei Kinder pro Tag an unterschiedlichen Ursachen.
Nahrungsmittel fehlen
In Elohim, wo 4000 Menschen leben, haben unsere Teams Daten zur Mangelernährung erhoben. Im Mai wurde eines von vier Kindern im Camp wegen Mangelernährung von den Teams vor Ort behandelt. Viele Vertriebene berichten, dass sie seit ihrer Ankunft keine Nahrungsmittelhilfe erhalten haben. In anderen Camps wie Rusayo und Shabindu wurden zwar einige Nahrungsmittel verteilt, aber nicht an alle Bewohner:innen. Diese alarmierende Situation wird durch mehrere Risikofaktoren wie Masern- und Cholerafälle verschärft.
Der Mangel an Nahrungsmitteln wirkt sich auch auf die Gesundheit von Erwachsenen aus, insbesondere von Frauen. Tagsüber müssen sie oft die Camps verlassen, um Nahrung oder Feuerholz zu suchen, und sind dabei dem Risiko von sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Anfang Mai berichteten innerhalb von zwei Wochen 674 Frauen aus den Camps Bulengo, Lushagala, Kanyaruchinya, Elohim, Munigi und Rusayo, dass sie sexualisierte Gewalt erfahren haben. Obwohl sich die humanitären Organisationen des Ernstes der Lage bewusst zu sein scheinen, kommen die Hilfs- und Schutzmassnahmen nur zu einem kleinen Teil an.
«Diese katastrophale Situation ist umso unverständlicher, da sie sich in der Nähe der Grossstadt Goma abspielt, wo Hilfsgüter leicht verteilt werden könnten», sagt Guyguy Manangama. «Hier und da werden Hilfsmassnahmen entwickelt, aber ohne jegliche Koordination oder Überblick über die Situation in den Camps.»
Die Teams von Ärzte ohne Grenzen arbeiten in zwölf Camps für Vertriebene rund um die Stadt Goma, wo sie kostenlose medizinische Versorgung leisten, Trinkwasser bereitstellen und Latrinen sowie Duschen bauen. Unsere Teams haben auch auf die Cholera- und Masernepidemien reagiert.
© Michel Lunanga/MSF