Gesundheitsversorgung: Die Rechte von Frauen* und Mädchen*
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Ob als Patient:innen in unseren Behandlungsräumen oder als Mitglieder unserer medizinischen Teams: Mädchen* und Frauen* spielen eine entscheidende Rolle bei Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF). Sei es bei Konflikten, Naturkatastrophen, Epidemien oder auch bei einem regulären HIV-Programm: Wir stellen fest, dass sie spezifische Versorgung benötigen. Anlässlich des internationalen Frauentags widmen wir uns ganz dem Thema Frauen und ihrem Recht auf medizinische Versorgung. Dabei geht es um eine Versorgung, die ihren Bedürfnissen entspricht, und dies überall auf der Welt, unter jeglichen Umständen.
Recht auf reproduktive und Mutter-Kind-Gesundheit
Jeden Tag sterben 800 Frauen aufgrund von vermeidbaren Ursachen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt; bei jeder dritten Geburt treten Komplikationen auf. Davon verlaufen 15 Prozent tödlich, wenn sie nicht sofort behandelt werden. Ein wichtiges Ziel von Ärzte ohne Grenzen ist es, in ihren Einsatzgebieten die Müttersterblichkeit zu senken. Dazu bietet die Organisation in mehreren Projekten neben Geburtshilfe, Schwangerschaftsvor- und -nachsorge auch sichere Schwangerschaftsabbrüche an. Denn nicht professionell durchgeführte Schwangerschaftsabbrüche sind für Millionen von Frauen und Mädchen ein grosses Gesundheitsrisiko, auch 2023 noch.
In der Zentralafrikanischen Republik ist die Lage bezüglich Mutter-Kind-Gesundheit besonders kritisch. Ärzte ohne Grenzen hat deshalb den Ausbau dieser Leistungen zur Priorität erklärt. In der Hauptstadt Bangui und in den Projekten im Rest des Landes setzt sich die Organisation dafür ein, dass Geburtshilfe und Neugeborenenpflege bei Notfällen kostenlos sind.
Recht auf sexuelle Gesundheit
Sexuelle und reproduktive Gesundheit spielen eine wichtige Rolle für die Lebensqualität. Dennoch haben Frauen, Mädchen und Transpersonen weltweit mit Hürden zu kämpfen und leiden unter Vorurteilen und Stigmatisierung. Das gilt auch für Mädchen, die vor Erreichen der Volljährigkeit Mutter werden. In den vergangenen Jahren haben unsere Teams vermehrt die Selbstbestimmung der Frauen bezüglich ihrer Gesundheit in den Fokus gerückt, so zum Beispiel in Projekten in Griechenland, Honduras und Zimbabwe. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Unterstützung von Minderheiten. Das Ziel war stets, im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit konstruktive Veränderungen voranzutreiben.
Recht auf Behandlung von Infektionen
2002 eröffneten wir in Kinshasa in der Demokratischen Republik Kongo die erste ambulante Anlaufstelle für HIV-positive Menschen. Betroffene erhielten dort kostenlos Medikamente. Das war eine Premiere in der Betreuung von Aids-Kranken. Auch die Behandlung von HIV/Aids selbst hat sich stetig weiterentwickelt.
So ist dank der heutigen antiretroviralen Therapie das Risiko einer Übertragung des HI-Virus von der Mutter auf das Kind während der Geburt oder beim Stillen gering. Werden die Medikamente konstant eingenommen, ist für Menschen mit HIV ein normales Leben möglich. Um die Therapietreue zu fördern, setzt Ärzte ohne Grenzen auf ein Behandlungsmodell, bei dem Frauen, die selbst regelmässig antiretrovirale Medikamente nehmen, HIV-Patientinnen von ihren Erfahrungen erzählen. Sie bieten den Frauen tägliche oder wöchentliche Treffen an und organisieren auch Gruppendiskussionen. Diese moralische Unterstützung trägt erheblich zum Behandlungserfolg bei. Denn in vielen Gesellschaften werden die Frauen für die Überträgerinnen des Virus gehalten und werden deshalb stigmatisiert.
Recht auf Prävention durch Impfen
Wir setzen in vielen Projekten innovative Behandlungsmodelle um, damit alle Frauen die Möglichkeit haben, sich vor Infektionskrankheiten zu schützen. Doch auch bei Krebs ist Prävention entscheidend. In den vergangenen zwanzig Jahren haben die Krebserkrankungen bei Frauen zugenommen. Ärzte ohne Grenzen hat deshalb in Kirgisistan, Malawi, Honduras, Simbabwe und Mali Projekte lanciert, um die Frauen für Brust- und Gebärmutterhalskrebs zu sensibilisieren und Vorsorgeuntersuchungen anzubieten. Seit 2017 leitet Ärzte ohne Grenzen in Malawi ein Projekt zur Bekämpfung von Gebärmutterhalskrebs. Diese Krankheit verursacht vor Ort jedes Jahr den Tod von mehr als 2900 Frauen. Am 19. Januar 2023 haben unsere Teams im Südosten des Landes eine Impfkampagne unterstützt, um 30 000 junge Mädchen vor der Krankheit zu schützen. Die Impfung von Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren hat sich als besonders wirksam erwiesen, um einer Erkrankung an Gebärmutterhalskrebs im erwachsenen Alter vorzubeugen.
Recht auf psychologische Versorgung
Psychologische Versorgung gewinnt in unseren Projekten zunehmend an Bedeutung. In Gaza arbeitet das Gesundheitspersonal in einem äusserst schwierigen Umfeld. Durch Schulungen soll das Thema psychische Gesundheit nun stärker in den Fokus rücken. Antonella Pozzi, Verantwortliche für psychologische Aktivitäten bei Ärzte ohne Grenzen, erläutert: «Unsere Organisation hat diese Aktivität in Gaza in die Wege geleitet, weil unser medizinisches und nicht-medizinisches Personal es hier mit einer Zielgruppe zu tun hat, die permanent traumatischen Ereignissen ausgesetzt ist.»
Eine unserer langfristigen Aufgaben ist es, sexualisierte Gewalt zu verhindern, Frauen die Möglichkeit zu geben, sich für oder gegen eine Schwangerschaft zu entscheiden, oder dafür zu sorgen, dass die Gesundheit von Frauen nicht die letzte Priorität in einer Familie ist. Unsere Teams setzen sich zusammen mit den Menschen vor Ort in allen unseren Projekten auf der ganzen Welt dafür ein. Es besteht ein grosses Potenzial für die Entwicklung einer qualitativ hochwertigen, patientenzentrierten Versorgung von Frauen und Mädchen durch Selbsthilfeansätze, immer in Verbindung mit einer professionellen Versorgung. Wir sind bereit, uns dieser Herausforderung gemeinsam zu stellen, damit unsere Patientinnen alle Trümpfe in der Hand halten, um sich die Zukunft vorstellen zu können!