Ituri, DR Kongo: Gewalt zwingt Zehntausende, in Choleragebiet zu fliehen
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Kämpfe in der Provinz Ituri trieben Zehntausende in die Flucht über den Albertsee nach Uganda, wo die Cholera ausgebrochen ist.
Seit Dezember bekämpfen sich in der Provinz Ituri im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo verfeindete Bevölkerungsgruppen. Im Februar verschärfte sich der Konflikt und es kam zu Kämpfen in der Gegend um die Stadt Djugu. Häuser wurden niedergebrannt, Menschen ermordet, Zehntausende flohen. Manche der Vertriebenen schafften es in den Süden nach Bunia, andere flohen in den Norden nach Mahagi. Viele blieben in Gebieten, die für Hilfsorganisationen unzugänglich sind. Mehr als 40‘000 Kongolesen flohen über den Albertsee nach Uganda. Doch dort sind die Aufnahmeeinrichtungen mit der hohen Zahl an Neuankömmlingen überlastet. Manche Geflüchteten mussten bis zu einer Woche lang fast ohne Hilfe, ohne sauberes Trinkwasser und Latrinen auskommen. Am 23. Februar bestätigten die ugandischen Gesundheitsbehörden in der Region Hoima einen Cholera-Ausbruch. Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) leistet auf beiden Seiten des Sees medizinische Hilfe.
Die Situation in Uganda ist höchst besorgniserregend.
Flucht über den See
Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) sind seit Anfang Januar mehr als 42‘000 Kongolesen über den Albertsee nach Uganda geflohen. Dafür benutzen sie oft überfüllte und instabile Boote oder Kanus. Die Überfahrt dauert zwischen sechs und zehn Stunden, und es gibt Berichte darüber, wie Boote gekentert und Flüchtende ertrunken sind. «Neuankömmlinge erzählen von nächtlichen Angriffen, manche haben tiefe Schnitt- und andere Wunden», beschreibt Ahmad Mahat, Notfallkoordinator in Uganda, die Lage. «Viele kommen völlig traumatisiert und erschöpft mit ihren kranken Kindern an.»
Die Flüchtenden landen in Uganda im kleinen Fischerdorf Sebarogo in der Region Hoima. Dessen Aufnahmekapazität war schnell erreicht, als dort Mitte Februar täglich bis zu 3‘000 Menschen eintrafen. Noch immer kommen täglich Hunderte weiterer Menschen nach Sebargo. Von hier ziehen sie weiter zum Aufnahmezentrum Kagoma, wo sie auf ihre Registrierung und erste humanitäre Hilfe warten, um dann weiter in ein Flüchtlingslager zu ziehen, meist das Kyangwali-Lager oder ein anderes Lager im mittleren Westen Ugandas. Zeitweise waren die Bustransporte und das Registrierungssystem im Februar so überlaufen, dass Geflüchtete bis zu einer Woche in Sebargo bleiben mussten, wo es kaum Hilfe, keine Latrinen und keinen Zugang zu sauberem Wasser gab.
Geflüchtete schlafen bei Regen unter freiem Himmel
Auch das Kagoma-Aufnahmezentrum und das Maratatu-Flüchtlingslager (Teil von Kyangwali) sind dem Flüchtlingszustrom nicht gewachsen. Neuankömmlinge, die nach ihren Erlebnissen in Ituri und der Flucht geschwächt und hilfsbedürftig dort ankommen, müssen bei Regen unter freiem Himmel schlafen. Sie haben kaum Zugang zu Wasser und Nahrung und leben unter prekären hygienischen Bedingungen. Die Gesundheitsbehörden haben vor kurzem einen Cholera-Ausbruch in der Region bestätigt: Mindestens 1‘000 schwer Erkrankte mussten ins Spital eingewiesen werden. Seit Mitte Februar sind 30 Cholera-Patienten gestorben.
«Die Situation in Uganda ist höchst besorgniserregend. Es gibt immer mehr Cholera-Fälle und eine hohe Sterblichkeitsrate.», berichtet Notfallkoordinator Mahat. «Zusätzlich zu unseren Cholera-Behandlungszentren haben wir in Sebarogo eine Kläranlage eingerichtet, um den Zugang zu sauberem Wasser zu verbessern. Ausserdem haben wir orale Rehydrierungsstationen, Wasserlieferungen und zusätzliche Latrinen organisiert.»
Im Zentrum von Sebarogo hat MSF ein Cholera-Behandlungszentrum mit 50 Betten eingerichtet. Ein mobiles medizinisches Team kümmert sich zusätzlich, direkt dort wo die Flüchtlinge ankommen, um Notfälle. Auch im Gesundheitszentrum nahe des Aufnahmezentrums Kasonga haben Mitarbeiter ein Cholera-Behandlungszentrum mit 50 Betten eingerichtet. Hierhin werden auch Patienten aus dem Maratatu-Lager gebracht.
20‘000 Vertriebene in der Stadt Bunia
Derzeit leben nach Schätzungen der Vereinten Nationen etwa 20‘000 Vertriebene in der kongolesischen Stadt Bunia, die meisten bei Freunden und Bekannten. 2‘000 Menschen sind provisorisch auf dem Gelände eines Spitals untergebracht. MSF leistet medizinische Grundversorgung in drei Gesundheitszentren in Bunia Stadt (Bigo, Kindia und Lembabo). In den vergangenen zwei Wochen haben die Teams 2‘117 ambulante Behandlungen durchgeführt, davon 783 bei Kindern unter fünf Jahren und 349 bei Schwangeren. Auch psychologische Sprechstunden werden angeboten, denn viele Menschen sind wegen der erlebten Gewalt traumatisiert. Ausserdem installierten die Teams einen Wasseranschluss und bauten 20 Latrinen und zehn Duschen. Sie verteilten 1‘200 Hilfspakete, unter anderem mit Decken und Seife, sowie Nahrungsmittel wie Mehl, Salz und Reis.
«In Bunia hat es viele Frauen und Kinder, die bei Grundbedürfnissen wie Nahrung und Wasser komplett auf externe Hilfe angewiesen sind», sagt Forent Uzzeni, Notfallkoordinator in der DR Kongo. «Viele andere Vertriebene können wir wegen der unsicheren Lage gar nicht erst erreichen. Wir versuchen aber, auch ihnen so schnell wie möglich zu helfen.»
Im Mahagi liefert MSF Medikamente, Ausrüstung und Materialien zur Behandlung von Verletzten in schwer zugängliche Gebiete wie um Drodro. Die Teams versuchen zudem, sich ein vollständigeres Bild von den Bedürfnissen der Vertriebenen zu machen. In der Region gibt es kaum Hilfsangebote, so dass viele auf der Suche nach Nahrung, medizinischer Versorgung und einer Unterkunft immer weiter in den Norden ziehen.