DR Kongo: Konflikt zwischen Armee und M23 vertreiben Zehntausende nach Süd-Kivu
© Igor Barbero/MSF
Demokratische Republik Kongo3 Min.
Seit Anfang des Jahres haben Zehntausende Menschen in der Umgebung von Minova in der Region Süd-Kivu Zuflucht gesucht, nachdem sie vor dem Konflikt zwischen der kongolesischen Armee und der bewaffneten Gruppe M23 im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) fliehen mussten. Ende März starteten die Teams von Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) einen Noteinsatz, um die Menschen, die unter prekären Bedingungen leben, zu unterstützen.
«Wir hatten nicht damit gerechnet, dass die Kämpfe unsere Stadt erreichen würden», sagt die 35-jährige Rehema. «Im Februar sah ich, wie Soldaten von einem Hügel herunterkamen, und hörte Schüsse. Ich wollte nicht warten, bis die Gewalt zu mir nach Hause kommt. Hunderte von Bewohner:innen sind geflohen.»
Wie eine Million Menschen vor ihnen machten sich auch Rehema und ihre vier Kinder auf den Weg. Die meisten Binnenvertriebenen lassen sich am Rande der Provinzhauptstadt Goma nieder. Doch rund 80 000 Menschen sind wie Rehema vor kurzem in Süd-Kivu angekommen. Die junge Mutter lebt nun im Dorf Numbi.
Damit sie ihre Kinder versorgen kann, nimmt Rehema regelmässig einen zehnstündigen Fussmarsch in die Stadt Kalungu auf sich – einem wichtigen Handelsknotenpunkt in der Region. Für die Arbeit, die sie dort macht, erhält sie nur 3000 kongolesische Francs (1.50 CHF) pro Tag. Von diesem Betrag wird unter anderem die Miete für das kleine Zimmer bezahlt, in dem sie mit ihrer Familie ausharrt. «Mit dem Geld, das übrig bleibt, kaufe ich Mais. Manchmal reicht es auch für Seife», erklärt Rehema.
Ich mache mir oft Sorgen, ob das Essen für meine Kinder reicht.
Die Binnenvertriebenen von Numbi sind weitgehend unsichtbar. Das kommt einerseits durch die mangelnde Aufmerksamkeit für diese humanitäre Krise. Andererseits liegt es auch daran, dass die Geflüchteten hauptsächlich bei Gastfamilien leben oder kleine Zimmer mieten, anstatt sich in Camps niederzulassen. «Diese Menschen leben unter extrem prekären Bedingungen. Zudem ist der Zugang zu Lebensmitteln begrenzt», erklärt Ulrich Crépin Namfeibona, Notfallkoordinator von unseren Teams. «Diese Faktoren wirken zusammen und machen diese Menschen sehr anfällig für Krankheiten.»
Das von unserem Teams unterstützte Spital in Numbi ist mit dem Zustrom von Patient:innen überfordert.
Wir haben derzeit eine Auslastung von 400 Prozent. Das entspricht bis zu vier Patient:innen pro Krankenbett.
Dieser Anstieg lässt sich vor allem durch die vielen Masernfälle in der Gesundheitszone Minova in den letzten Wochen erklären. Die Teams haben zudem eine hohe Anzahl an Koinfektionen bei Kindern und einen deutlichen Anstieg der Fälle von Mangelernährung festgestellt.
Die 32-jährige Josephine, eine Witwe mit sieben Kindern, stammt aus Walikale in Nord-Kivu. Bei ihrem jüngsten Sohn Valentin wurden Malaria und Masern diagnostiziert. Nach einem sechstägigen Spitalaufenthalt verbesserte sich sein Zustand und er begann wieder zu essen. «Am Anfang dachte ich, es sei nur Malaria und ich habe ihm selbst Medikamente gegeben», erzählt sie. «Aber sein Zustand verbesserte sich nicht. Da brachte ich ihn ins Spital.»
Josephine und ihre Kinder brauchten etwa einen Monat, um Numbi zu Fuss zu erreichen. Auch sie sind vor der Gewalt in Nord-Kivu geflohen. «Die Kinder haben sehr gelitten, abends waren ihre Beine geschwollen», sagt sie. «Unterwegs hat uns eine bewaffnete Gruppe ausgeraubt. Ärzte ohne Grenzen versorgt uns im Spital mit Nahrungsmitteln und Seife. Aber sobald wir entlassen werden, erhalten wir keinerlei Unterstützung mehr.»
Der jüngste Konflikt in Nord-Kivu hat den Zyklus von Gewalt und Vertreibung im Osten der Demokratischen Republik Kongo verschärft. Dutzende bewaffnete Gruppen mit unterschiedlichen Interessen und politischen Zugehörigkeiten stehen den kongolesischen Streitkräften (FARDC) gegenüber, wobei sich die Allianzen ständig ändern.
Birandala und seine Frau Riziki sind um die fünfzig. In den letzten 25 Jahren mussten sie fünfmal aus ihrer Stadt fliehen. «Jedes Mal, wenn wir geflohen sind, fingen wir wieder von vorne an», erklärt Birandala. «Wenn man alles hinter sich lässt, ist das Wichtigste, dass man gesund ist, etwas zu essen hat und einen Platz zum Schlafen findet. Manchmal haben wir mehrere Tage ohne Nahrung und Wasser verbracht. Ich dachte, ich würde verrückt werden. Was uns Kraft gibt, ist die Liebe, die wir füreinander und für unsere Kinder haben. Aber in erster Linie brauchen wir Frieden.»
© Igor Barbero/MSF