Lesbos, Lager Moria: Besorgniserregende Zunahme von Selbstmordversuchen und Selbstverletzungen
© Faris Al-Jawad/MSF
Griechenland3 Min.
MSF fordert Notevakuierung von gefährdeten Personen in andere EU-Mitgliedstaaten.
Die medizinische und humanitäre Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) beobachtet einen beispiellosen physischen und psychischen Gesundheitsnotstand bei den im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos festgehaltenen Männern, Frauen und Kindern. MSF fordert eine Notevakuierung aller gefährdeten Personen – insbesondere von Kindern – in sichere Unterkünfte auf dem griechischen Festland und in der Europäischen Union.
Die Politik der Abschottung von Asylbewerbenden auf den griechischen Inseln hat dazu geführt, dass 9000 Personen –ein Drittel davon Kinder – auf unbestimmte Zeit in dem für maximal 3100 Menschen ausgelegten Flüchtlingslager Moria festsitzen.
Jede Woche Selbstmordversuche und Selbstverletzungen von Teenagern
Die Teams von MSF haben jede Woche mehrere Patienten im Teenageralter, die Selbstmordversuche unternommen oder sich selbst verletzt haben, und leisten regelmässig Hilfe, wenn es wegen Gewalt, Selbstverletzungen und dem fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung zu kritischen Situation kommt. Alle diese Noteinsätze machen deutlich, dass beim Schutz von Kindern und anderen gefährdeten Personen eklatante Lücken bestehen.
Zwischen Februar und Juni dieses Jahres stellten die psychologischen Teams von MSF bei Gruppenaktivitäten mit Kindern im Alter von 6-18 Jahren fest, dass fast ein Viertel der Kinder (18 von 74) sich selbst verletzt, Selbstmordversuche unternommen oder Selbstmordgedanken gehegt haben. Andere minderjährige Patienten leiden unter selektivem Mutismus, Panikattacken, Angstzuständen, aggressiven Ausbrüchen und wiederkehrenden Albträumen.
Anstatt Schutz und Betreuung in Europa zu erhalten, sind die Kinder fortwährend Stress, Angst und weiteren Gewalterfahrungen ausgesetzt.
«Diese Kinder kommen aus Kriegsgebieten, wo sie extreme Gewalt und traumatisierende Ereignisse erlebt haben», erklärt Barry. «Doch anstatt Schutz und Betreuung in Europa zu erhalten, sind sie fortwährend Stress, Angst und weiteren Gewalterfahrungen, einschliesslich sexueller Gewalt, ausgesetzt. Zudem ist das Lager unsicher, und die hygienischen Verhältnisse sind gesundheitsschädlich, sodass wir bei Kindern aller Altersstufen zahlreiche wiederkehrende Erkrankungen wie Durchfall und Hautinfektionen beobachten. Mit Blick auf die chronische Überbelegung des Lagers und die schlechten hygienischen Bedingungen ist das Risiko von Epidemien sehr hoch.»
Allein in den ersten zwei Septemberwochen sind über 1500 Flüchtlinge auf Lesbos angekommen, und da kein Platz mehr vorhanden ist, schlafen sie schutzlos im Freien, ohne ausreichende Nahrung und mit einem stark eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. MSF hat viele Kinder behandelt, die nach Einschätzung des Spitalpersonals eine fachärztliche Behandlung in Athen benötigen würden, doch aufgrund fehlender Unterkünfte auf dem Festland erhalten diese Kinder keinen Zugang zu diesen Leistungen und sind gezwungen, in einer Umgebung auszuharren, in der sich ihr körperlicher und psychischer Gesundheitszustand weiter verschlechtert.
Es ist höchste Zeit, diesem endlosen Zyklus von Notmassnahmen gegen die Überbelegung und den unhaltbaren Zuständen im Lager Moria ein Ende zu bereiten.
«Dies ist bereits das dritte Jahr, in dem MSF an die griechischen Behörden und an die EU appelliert hat, Verantwortung für ihr kollektives Versagen zu übernehmen und nachhaltige Lösungen umzusetzen, um diese katastrophale Situation zu vermeiden», betont Roland-Gosselin. «Es ist höchste Zeit, die am meisten gefährdeten Personen in sicheren Unterkünften in anderen europäischen Ländern unterzubringen und diesem endlosen Zyklus von
Weitere Informationen:
© Faris Al-Jawad/MSF